Lutherdenkmal Berlin

Bauherr Kirchenkreis Berlin 
Adresse Berlin-Mitte
Land Deutschland
Projektstatus Studie
Gebäudetyp Spezialbauten

Aufgabenstellung

Wettbwerb zur Neu- und Umgestaltung des Martin Luther Denkmals in Berlin. Projektgemeinschaft mit Architekt Georg Bechtold und Gottfried Bechtold.

Projektbeschreibung

Das neue Lutherdenkmal steht am historischen neuen Markt wo auch das ursprüngliche Denkmal situiert war. Unser Entwurf übernimmt die Position und die Fläche der ehemaligen Denkmalanlage mit einer leichten Verdrehung um den gemeinsamen Mittelpunkt.

Das zentrale Element ist eine 11,8 x 11,8 m große, verkippte Ebene, auf welcher das vorhandene Lutherstandbild samt Plinthe steht. Diese schiefe Ebene und deren vertikale Seitenteile aus polierten, blank geglühten, hochglänzenden Edelstahlplatten, spiegeln den Himmel, das Lutherstandbild und dessen Umgebung. Diese äußerst widerstandsfähige Edelstahlhaut ist auf einer sehr präzisen Unterkonstruktion appliziert. Die historischen Fundamente werden in unserem Entwurf an keiner Stelle berührt oder gefährdet.. Sie berührt an dem der Karl-Liebknecht-Str. nächsten Punkt den Fußboden, die Ecke in Richtung Moses Mendelssohn-Denkmal liegt 80 cm über dem Boden, die in Richtung Baumtrapez 120 cm und die der Kirche zugewandte 40 cm über dem Boden. Im Winkel ist diese Ebene zur Kirche leicht verdreht Richtung der Achse Karl-Liebknecht-Straße.

Bestehende Sichtachsen bleiben erhalten, werden aber durch die überraschende Wirkung des schrägen Spiegelbildes pointiert und verstärkt. Luthers Auseinandersetzung mit Quelltexten zur Übersetzung des neuen und alten Testaments bewirkt seine Ablehnung kirchlicher Hierarchien, die nicht aus den Quellen abgeleitet werden können und führte dazu dass Luther kirchliche und damit gleichzeitig weltliche Machtstrukturen grundsätzlich in Frage stellte. Er fordert das Priestertum des einzelnen Gläubigen. Mit dieser Auflehnung kippt Luther das Weltbild radikal. So steht das neuerdings in einen Spiegel eingebaute historische Lutherstandbild aus Bronze auf der gekippten, das Denkmal und sein Umfeld spiegelnden Ebene. Die reflektierende Fläche erlaubt eine neue, überraschende Wahrnehmung von Luther selbst, städtebaulichen Details und der Naturumgebung. Reflexion – ist wie reformatorische Theologie – Unterscheidungswissen. Der Betrachter sieht Luther selbstverständlich aufrecht dastehend sowie dessen Spiegelbild leicht nach hinten gekippt, gleichsam als gebrochener Blick in die Vergangenheit. Er sieht auf den Himmel real und gespiegelt gleichsam als Blick ins Ungewisse, ins Hoffnungsvolle und in die Zukunft. Die reflektierende Ebene wirkt mystisch schwebend, da die vertikalen, seitlichen Dreiecksflächen den anlaufenden Bodenbelag spiegeln und ihn optisch unter der Schräge durchlaufen lassen. Gleichsam einer Boden-Tätowierung werden Zitate von Luther und seinen Begleitfiguren des historischen Denkmals in den bestehenden Bodenbelag sandgestrahlt eingeschrieben.

Stellvertretend für die eingeschmolzenen Statuen von Luthers Proponenten  überleben deren Thesen in Form eines 95 Meter langen Schriftbandes. Die räumliche Anordnung des Schriftbandes spannt sich 61 Meter von der St. Marienkirche über die Ecke des Spiegels 34 Meter in Richtung Moses Mendelssohn-Denkmal. Das Schriftband verbindet die St. Marienkirche und dem Moses Mendelssohn Denkmal - gleichzeitig grenzt es den profanen Straßenraum vom spirituellen Areal ab. Das Ensemble des neuen Lutherdenkmals - dessen schiefe Ebene und Reflexionsbilder, sowie das Schriftband - steht im Dialog mit der weltlichen und kirchlichen Umgebung. Es fügt sich selbstverständlich unaufgeregt in das bestehende Stadtbild.

Der Spiegel ist unerbittlich, denn er führt die Realität vor Augen, spiegelverkehrt - unter dem Himmel von Berlin.